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Funeral Service Munich
Thomas-Markus Schindlmayr June 19, 2008
 
Erinnerungsfoto
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Die Angehörigen June 19, 2008
 
Einladung zur Trauerfeier

 

Mein / unser Sohn, Ehemann, Enkel und Bruder

Thomas-Markus Schindlmayr , Dr. (ANU)

ist am 26 April 2008

nach langem Ringen mit Krebs in New York von uns gegangen.

 

Er wird auch durch sein Wirken weiterleben, nicht nur in unseren Herzen.

 

Wir werden seiner gedenken

am Mittwoch, 11. Juni 2008 um 10.30 Uhr in der

Aussegnungshalle des Neuen Südfriedhofes in München-Perlach;

Die Urnenbestattung schließt sich an.

 

 

Dr. Wulf-Eike & Edith Schindlmayr

Julia Schindlmayr,

Adele Altmann,

 Ingeborg & Peter Kent und Familie

Wolfram & Sandra Schindlmayr und Familie

 

Gedenk-Website: http://thomas-schindlmayr.last-memories.com/ 

 

Folker Schindlmayr June 19, 2008
 
Begrüßung und Einleitung

 

Liebe Familie, liebe Nachbarn, liebe Freunde, meine Damen und Herren!

 

Ich darf Euch alle im Namen der Familien Schindlmayr, Altmann, Baldock und Kent herzlich hier willkommen heißen, um gemeinsam mit uns rückblickend das außerordentliche Leben und Wirken unseres Thomas zu würdigen und ihm „Auf Wiedersehen“, „Gute Weiterreise“  und „Gutes Gelingen“ zu entbieten.

 

Thomas ist am 26. April dieses Jahres nach langem Ringen mit seiner Krankheit in New York still von uns gegangen, wo er zuletzt Mitarbeiter der Vereinten Nationen war.

Seine Arbeitskollegen bei der UNO haben seiner bereits am 13. Mai in einer Feierstunde in New York gedacht, und seine Freunde und Studienkollegen in Australien waren am 18. Mai bei Canberra geladen, zu seinem Andenken je eine Rose zu pflanzen.

 

Wenn Ihr in der Memorial Website blättert und davon lest, welch tiefen Eindruck und Empfinden Thomas bei Studien- und Arbeits-kollegen und Freunden in aller Welt hinterlassen hat, und wie er in den letzten Jahren bei der UN dazu beigetragen hat, die Lebensqualität unzähliger Menschen mit Behinderungen zu verbessern, dann wisst Ihr wie wir, dass er nicht allein in unseren Herzen, sondern auch durch sein Wirken fortleben wird.

 

Heute ist es nun an uns, im Kreis der Familie, der Nachbarn und Uralt-Freunde von ihm Abschied zu nehmen und ihn in dieser Welt zur Ruhe zu betten.

 

Da Thomas insgesamt nur knapp 5 Jahre seines Lebens, einschließlich der ersten 16 Monate, wirklich in Deutschland gelebt hat, werden die meisten von Euch ihm nur in diesen Zeiten oder anlässlich kurzer Urlaubsintermezzos begegnet sein.  Um Euer Bild vom ihm abzurunden, um zu zeigen, welche Ereignisse sein Heranwachsen und seine Ambitionen maßgeblich beeinflussten, wollen wir sein Leben nun noch einmal schlaglichtartig umreißen und mit Erinnerungen würzen, gleichzeitig ein Kaleidoskop von Bildern von Thomas an uns vorbeiziehen lassen.

 

Sein Vater (Wulf), ein guter Schulfreund aus ESM-Zeiten (Max Berger), seine Schwester (Inge Kent) und, nicht zuletzt, seine Frau Julia werden nun vom ihm sprechen.

Dr. Wulf-Eike Schindlmayr June 19, 2008
 
Unser Thomas
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Thomas machte im Juli 1969 hier in München den ersten Schnaufer um etwa die gleiche Zeit, als Niel Armstrong seine ersten Schritte auf dem Mond wagte. Er wurde liebevoll umsorgt von Edith und den Großeltern; ich selbst sah ihn zum ersten Mal, als er schon 6 Monate alt war: sein erster großer Verdienst war, dass er uns als Eltern und Kernfamilie zusammenführte und zusammenhielt.

 

Thomas hat uns lange nachgetragen, dass er schon 16 Monate alt war, als er im November 1970 in Australien ankam: zu gerne hätte er –wie seine jüngeren Geschwister- durch Geburt Doppelte Staatsbürgerschaft besessen; später war er dann zwar stolz darauf, bayerische Wurzeln und ein Standbein in München zu haben, aber Australien war seine Heimat und die Welt sein Aktionsfeld.

 

Die ersten Laufjahre wuchs Thomas –nach einem kurzen Einstand am Strand in Sydney-  entweder  mit Edith und mir in Bushcamps oder überwiegend mit Edith alleine in Alice Springs im roten Herzen Australiens auf, weil ich viel im Busch war.  Er war ein fröhlicher Quasselkasten, der Zuhörer liebte, seine Grenzen suchte, der aber auch die Gabe hatte, stundenlang alleine Lego zu spielen und dabei Flugzeugmodelle zu bauen, die den Airbus 800 in den Schatten gestellt hätten. Er liebte es, mit Mum und unserem Labrador in den Schluchten und Wasserstellen der Umgebung zu stöbern, übernahm die Oberaufsicht beim Bau unseres ersten Hauses und bestand auf dem wöchentlichen Highlight, der Fahrt zu John Wayne’s Western im Drive-in Kino mit Mum. Er fühlte sich im Kindergarten inmitten anderer Kinder gleich wohl.  

 

Wegen unseres Autounfalles im September 73 wechselten wir von Alice nach Adelaide, und, als sich nach Wochen die Querschnittslähmung von Thomas als dauerhaft bestätigte, weiter nach Melbourne, weil dort die beste „Spinal Unit“ Australiens die ärztliche Betreuung sicherstellte.

 

Melbourne war aber auch aus anderen Gründen eine gute Wahl für Thomas.

Zum einen fanden wir eine noch junge Privatschule, das Eltham College, die ihn aufnahm und seine besonderen Bedürfnisse in ihre Bauplanung für das kommende Jahrzehnt einbezog.

Hier durchlief Thomas – und seine Geschwister mit ihm- die Schule von der Vorschule bis zur 10. Klasse in einem Lernumfeld, das seinen Neigungen, Fähigkeiten und Bedürfnissen voll entsprach und wo er uneingeschränkt in das Schulgeschehen integriert war.

Was Thomas an körperlicher Ertüchtigung abging, das kompensierte er bald, indem er wie ein Schwamm  Wesentliches und Nebensächliches gleichermaßen so begierig in sich aufsog, dass er bald den Spitznamen „Rollendes Lexikon“ weghatte und Lehrer und uns Eltern mit listigen Fragen immer wieder bloßstellte: Ob Hauptstadt von Bhutan, Nationalhymne von San Marino oder die Farben der Fahne von Burkina Faso: er wusste alles, und mit Ausnahme von Musik, Kunsterziehung und Fremdsprachen war er einfach gut.

 

Wichtiger an Melbourne aber war noch der Sport bei den PARAVICS, dem Behindertensportverein von Victoria: mit 8 trat Thomas dem Team von ähnlich behinderten Kindern und Erwachsenen bei, die sich zum Ziel gesetzt hatten, ihrer Behinderung durch persönlichen Leistungssport  und  durch Wettkampfsport die Stirn zu bieten: er schwamm, spielte Tischtennis,  er spielte Rollstuhlbasketball in der Australischen Jugend-mannschaft und vor allem, er rollte immer schneller und immer ausdauernder: mit 14 war er der erste Jugendliche Australiens, der 100 Meilen in weniger als 24 Stunden geschoben hatte: Ich war danach viel erschöpfter als er.

Durch die PARAVICS sammelte sich bei ihm nicht nur ein Haufen Trophäen aus Wettkämpfen und Fun-Runs an, sondern auch das unverwüstliche Selbstvertrauen in seine eigenen Fähigkeiten und Leistungsgrenzen, das ihn Zeit seines kurzen Lebens stets auszeichnete: er war davon überzeugt, dass er aber auch alles tun könne, wenn er es nur wirklich wollte, und er bewies uns das später auch mit so exotischen Unterfangen wie Elefantenritten und Wildwasserflößen in Nepal, Tandem-Fallschirmspringen, und selbst Fliegen hat er versucht.

 

Als wir 1986 nach München zurückkamen, hängte Thomas den Sport dann an den Nagel und widmete sich ganz der Schule, den Mädchen und einem neuen Hobby, das ihn in Geographie noch unschlagbarer machte: mitternächtliches Kurzwellenreiten mit seinem Weltempfänger: Er verschickte und erhielt kartonweise Empfangsbestätigungen von Funkpartnern aus aller Welt von Feuerland bis Kamschatka, und sein Globus war ständig im Einsatz auf der Suche nach entsprechenden Lokalitäten.

Er hat mich zuletzt gebeten, diesen Weltempfänger an seinen Bruder Wolfi weiterzugeben:

 

Die Europäische Schule München nahm ihn auf. Ich überspringe diese Zeit aber, denn sein Schulfreund Maximilian wird gleich davon erzählen.

Thomas machte 1987 seinen Führerschein und fuhr, viel beneidet, sein eigenes Auto schon zur Schule.

Er machte das im Ausland bestaunte Europäische Abitur im Sommer 1988 mit einem raren Einser in Philosophie, in dem sich bereits andeutete, wes Geistes Kind er war.

 

Er quälte sich dann 2 Semester lang mit überfüllten oder für Rollstühle unzugänglichen Hörsälen der LMU hier in München herum und beschloss deshalb übernacht, sich mit Sack und Pack und Auto nach London abzusetzen, wo ihm offensichtlich SOAS (School of Oriental and African Studies) seinen eigenen Hintereingang zum Institut zugesichert hatte.

 

Die nächsten 6 Jahre sahen wir Thomas nur, wenn er mal zu Kurzbesuchen nach München einflog oder bei unseren seltenen Stipvisiten in London. Er soll wie der Hahn im Korb in einem Mädchenwohnheim gelebt haben, er machte seinen Batchelor in Demographie, dann seinen Master of Economics an der London School of Economics und fand nebenbei noch Zeit, schon mal ehrenamtlich, später dann Vollzeit bei der IPPF, einer UN-Tochterorganisation für Familienplanung und Geburtenkontrolle in der Dritten Welt, sich erste internationale Sporen und Einkünfte zu erwerben.  Thomas war ein Mensch, der sich fundierte Überzeugungen erarbeitete und diese dann auch konsequent vertrat: so bewegten ihn seine Detailkenntnisse zur Überbevölkerung und Armut der Dritten Welt einerseits und die aus seiner Sicht unverantwortliche Haltung der katholischen Kirche zur Geburtenkontrolle dazu, aus der Kirche auszutreten und ihr bis zuletzt fernzubleiben.

 

Eine Studienkollegin von der SOAS aus Vietnam berichte uns kürzlich, wie Thomas und sie bei einer gemeinsamen Reise zur Beurteilung der Abwassersysteme der Hauptstadt von Gambia eines Abends schon leicht beduselt und philosophierend am Swimming Pool des Hotels in Banjul saßen und sich fragten, wie sie wohl diese Welt verändern könnten, und da war sein Traum damals, anderen Menschen mit Behinderungen zu mehr Lebensqualität zu verhelfen. Wir werden sehen, was aus seinem Traum geworden ist.

 

Wir gingen 1991 nach Canberra, und dorthin kam Thomas dann Anfang 1995 auch nach, zog wieder bei uns ein und begann seine Doktorarbeit in Demographie an der ANU, Australian National University. Ich war bald froh, dass er dort reichlich Andere fand, an denen er täglich seine intellektuellen Krallen schärfen konnte, denn ich sah mich mit weniger Genuss als er mehr und mehr seinem scharfen Verstand, seiner Argumentationskraft und vor allem seinem unglaublichen Sach- und Fachwissen unterliegen. 

Erst jetzt führte er auch das bestgehütete Geheimnis seiner London-Jahre bei uns ein, seine spätere Frau Julia.

 

Er blieb 1996 in Canberra zurück und brachte seine Doktorarbeit zu Ende. Sein Ehrgeiz war kurzfristig gestillt, als er mir 2000 bei einem Glas 1969er Eiswein nach der Doktorfeier sagen konnte: „I’ve got you now!“ „Jetzt hab’ ich Dich endlich offiziell eingeholt“, wohl wissend dass er das schon sehr viel früher getan hatte. Das Stillsitzen hielt nicht lange an, er setzte dem PhD noch einen Master in Internationalem Recht obendrauf und betrieb Management-Fernstudien. Das war auch die Zeit, als er anfing, sich als Author gründlich recherchierter Fachartikel zu Bevölkerungsfragen einen Namen zu machen, oft in Zusammenarbeit mit seinem Doktorvater, Jack Caldwell. Ein Blick ins Internet wird Euch das bestätigen.

Dann jobbte er über die Jahre als überqualifizierter Research-Assistent, bearbeitete als freischaffender Consultant demographische Fachthemen für eine Reihe australischer und internationaler Organisationen, bewarb sich bei der UNO und bestand die Eignungsprüfung, schrieb Berichte über AIDS in Asien für eine UN-Tochter in Bangkok, alleweil schier daran verzweifelnd, ob er jemals eine ordentlich bezahlte und interessante Festanstellung finden würde. Dann kamen im Spätherbst 2001 plötzlich mehrere Angebote gleichzeitig: von der UNO in Genf, von der UNO in New York und selbst von der EU-Kommission.

 

Julia und er entschieden sich für New York, heirateten Anfang 2002  in Canberra und trafen im Februar 2003 in New York ein.

Die ersten beiden Probejahre schlug er sich mit abnehmender Begeisterung mit diversen demographischen Aufgaben herum und fühlte sich unterfordert, aber dann konnte er -mit einem Wechsel der Abteilung- seinen Traum von Banjul verwirklichen und maßgeblich daran mitwirken, die UN-Konvention zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen in Rekordzeit verhandelt und verabschiedet zu sehen. Als Pressesprecher des Sekretariates dieser Konvention in Behindertenfragen war er voll in seinem Element, mitten drin im Geschehen und hochgeachtet von Journalisten und Fachorganisationen vieler Länder und insbesondere von seinen UN-Kollegen: kompetent argumentierend und überzeugend und doch bescheiden zugleich, und stets bemüht, seine eigene Behinderung nicht zur Schau zu stellen. Es waren wohl gerade diese Merkmale, warum Korrespondenten ihn als Redner für die Holocaust-Gedenkfeier der Vereinten Nationen im Januar 2007 vorschlugen mit einem Beitrag zum Schicksal von Behinderten im Dritten Reich.

 

Die Konvention war Ziel und Höhepunkt seines Lebens, zugleich aber auch sein Schicksal: Am 13.12.2006, als die Vollversammlung der UNO die Konvention verabschiedete, wurde Thomas zum ersten Mal wegen Blasenkrebs operiert. Er erlebte noch den 3.4.2008, als die 20. Nation die Konvention ratifizierte, aber nicht mehr das Inkrafttreten der Konvention einen Monat später, denn er ging am 26. April zuhause still von uns.

 

Oft, wenn ich in den letzten Monaten an seinem Krankenbett saß, haben Thomas und ich über den tieferen Sinn des Lebens im Allgemeinen und seines kurzen, aber intensiven Lebens im Besonderen nachgegrübelt: wir fanden uns einig in dem wärmenden Gedanken, dass ihm vielleicht die frühe Querschnittslähmung auf höhere Weisung vorgegeben war, um ihn auf seine Mission im späteren Leben vorzubereiten, die Mission, das Los Unzähliger Behinderter in aller Welt zu verbessern.

 

Thomas, Du hast Deine Mission hier mit Bravour erfüllt; wir, Deine Familie, sind stolz auf Dich.

 

Pfiat’ Di.

 

Maximilian Berger June 19, 2008
 
für meinen verstorbenen Freund Thomas

Liebe Familie Schindlmayr, liebe Verwandte und Freunde von Thomas, liebe Trauergäste,

 

als einer von Thomas Schulfreunden aus der Europäischen Schule München möchte ich mit Ihnen mit einigen Worten an Thomas erinnern. Als ich die Nachricht von Thomas Fortgang erhielt, war ich völlig schockiert – und ich muss sagen, ich kann es immer noch nicht richtig fassen, ihn nicht wieder zu sehen.

Das letzte Mal, als ich ihn sah, war auf einem seiner München-Besuche vor etwa zehn Jahren. Danach hat er mich zu seiner Hochzeit in Australien eingeladen, leider konnte ich damals nicht dabei sein. Als meine Schwester vor drei Jahren einen Aufenthalt in Australien plante und ich ihr den Hinweis gab, mit Thomas Kontakt aufzunehmen, kam seine Antwort dann aus New York, wo er bei den Vereinten Nationen einen neuen Arbeitsplatz gefunden und wohl auch eine Mission zu erfüllen hatte.

 

Auch wenn ich, was mir jetzt sehr weh tut, Thomas in den letzten Jahren nicht mehr gesehen zu haben, bleiben mir doch einige lebhafte Erinnerungen an unsere gemeinsame Schulzeit und an die Zeit danach: Thomas hat sich, als er 1986 von Australien nach München kam, sofort integriert und sowohl in seiner englischen als auch in meiner deutschen Klasse neue Freunde gewinnen können. Er war bei allen Mitschülern akzeptiert und sehr beliebt, nicht zuletzt durch sein außerordentlich großes Engagement. Es gab ja nichts, an dem er nicht teilgenom-men hat. So waren wir zum Beispiel gemeinsam beim Eurolauf von Luxemburg nach Brüssel. Ich erinnere mich noch lebhaft, als es einmal bergab ging und er der Motorrad-Polizeieskorte davonfuhr und diese ihn mit Vollgas wieder ein-fingen. Oder als es ein andermal steil bergauf ging, wir schwitzten ja schon, aber Thomas keuchte sich die Lunge heraus, aber die Inanspruchnahme unserer Hilfe kam für ihn nicht in Frage. Auch im Sportunterricht hat er sich nicht ausgenommen; wenn es ging, war er aktiv dabei, hat beim Volleyball- und Basketballspiel für uns als Schiedsrichter gepfiffen und mich, da ich ja auch wie er damals noch in einem Verein spielte, durch sein Können, seine Kondition und sein theoretisches Wissen ganz schön beeindruckt.

 

Viele Erinnerungen habe ich auch noch an unsere Teilnahme an Model United Nations in Den Haag, von unserem Englisch- und Geschichtslehrer Mr. Campbell organisiert und für Thomas vielleicht eine der ersten Weichenstellungen für seine berufliche Laufbahn. Auch hier sind es wieder eher nebensächliche Anekdoten, die mir immer im Gedächtnis bleiben werden. So durften von jeder Gruppe immer nur drei Personen gleichzeitig im Plenarsaal anwesend sein. Nachdem Thomas mit dem Rollstuhl seitlich einen Extraplatz hatte, war dann in unserer Bank ein Platz frei und wenn der Türwart streng war und ein viertes Gruppenmitglied nicht hineinlassen wollte, haben wir schnell Thomas ein kleines Stück geschoben und dem Türwart gesagt, wir seien die Begleitperson, was Thomas partout nicht akzeptierte, uns wohl aber auch nicht übel nahm. Vergessen werde ich auch nie das Malheur auf der Rückreise von Den Haag, als wir in Köln umsteigen mussten. Für Thomas stand auf einem Zwischenbahnsteig eine Einstiegshilfe zur Verfügung, wir standen ihm gegenüber am Fahrgastbahnsteig – mit seinem Koffer. Als der Zug kam, stiegen wir alle ein, waren ganz besorgt, ob Thomas auch gut in den Zug gekommen sei, und als der Zug losfuhr, und wir noch mal aus dem Fenster schauten, ob wir nichts vergessen hatten, stand da noch der Koffer von Thomas und zog an uns vorbei. Ich muss sagen, das war wie im Film. Aber Gott sei Dank wurde der Koffer mit dem nächsten Zug nachgeschickt.

 

Eine meiner ersten Begegnungen mit Thomas betrachte ich als den Schlüssel, ihn und sein Wirken zu verstehen. Man sagt ja auch, der erste Eindruck ist der Wichtigste. Vom Schulfrust geplagt, hegte ich damals mit einigen Klassen-kameraden den nicht ganz ernst gemeinten Plan, weit weg von der Schule nach Australien auszuwandern. Als dann Thomas neu zu uns kam, direkt daher wo wir hinwollten, hatten wir natürlich viele Fragen an ihn. Im gepflegten australisch- bayerischen Dialekt antwortete er dann oft mit einem „freili“. Es dauerte auch nicht lange, da war dieses Wort auch in unseren Sprachgebrauch übergegangen, manchmal sage ich es sogar heute noch.

Ich finde, dieses eine Wort sagt auch so manches über Thomas aus. Als er mit 17 Jahren nach München kam, hat er sicherlich in Australien einige Freunde zurück-lassen müssen – und nicht nur dies, auch ein Land, eine Heimat, in der er seine Kindheit und Jugend verbracht hat und groß geworden ist. Aber trotzdem hatte ich nie das Gefühl, dass er „Heimweh“ hatte. Im Gegenteil: er hat sich, glaube ich, in München sofort wohl gefühlt, hat neue Kontakte gesucht, sowohl in der Schule als auch außerhalb in Vereinen, und sie auch gefunden. Thomas hat seinen Ortwechsel als Chance begriffen, er war nicht heimatlos oder entwurzelt geworden. Er hat München zu seiner neuen Heimat gemacht, ohne seine alte in Australien jemals aufzugeben. Er war einer der wenigen, die ich kenne, die es geschafft haben, zwei Heimaten zu haben. Das glaube ich kann man sehr gut daran erkennen, dass er gleich nach seiner Ankunft bayerisch reden wollte, und zwar mit Bedacht mit einem australischen, nicht englischen, Unterton. Und ich glaube, diese Bipolarität Australien und München hat ihn auch zu seiner Weltoffenheit geführt. Letztlich war er ja in der ganzen Welt daheim, schon alleine durch seine Tätigkeit bei den Vereinten Nationen, aber auch durch seine vielen Unternehmungen in allen möglichen Länder dieser Erde.

 

Aber dieses Wort „freili“, so lapidar es klingen mag, sagt noch viel mehr aus. Für Thomas war vieles selbstverständlich, ganz logisch. Er hat nicht gezweifelt, sondern hat seine Aufgaben angepackt und ist durchgestartet. Er hat sich auch immer Wege gesucht, seine Ziele zu erreichen, oft mit Hindernissen, aber die hat er dann selbstbewusst umgangen. Ich denke da zum Beispiel an sein Studium. Angefangen hat er in München, wo er an der Universität Betriebswirtschaftslehre studierte. Aber sehr schnell hat er gesehen, dass ihm das deutsche Hochschulsystem nicht zusagt, die Universität zu voll war und er sich nicht so einbringen konnte, wie er es wollte und gewohnt war. Dann ist er nach London umgezogen und hat dort an einer renommierten Hochschule weiterstudiert, wo ich ihn auch einmal besuchen konnte.

Anschließend hat er in Canberra in Australien promoviert und hat schließlich sein Ziel in New York erreicht. Was noch gekommen wäre, wenn er nicht schon jetzt von uns gehen hätte müssen, weiß ich nicht. Eines scheint mir aber klar zu sein: Sein Leben hatte einen roten Faden, einen Lebensweg, den er ganz selbstverständlich gegangen ist, ohne aber den Blick nach rechts und links nicht zu verlieren.

 

Und schließlich, wenn er dieses Wort „freili“ mit seiner unnachahmlichen Aussprache benutzte, musste ich immer schmunzeln. Und genau das hat Thomas auch oft getan. Ich habe ihn oft lachend, oft mit einer gewissen Selbstironie, in Erinnerung. Das hat ihn wohl so sympathisch gemacht.

Er war immer hilfsbereit und zuverlässig, aber auch selbstbewusst und selbstkritisch.

Mit Thomas habe ich einen Freund verloren, auf dessen Freundschaft ich besonders stolz bin und die für mein Leben mit Sicherheit eine sehr große Bereicherung ist. Wenn mir heute wieder dieses Wort „freili“ über die Lippen rutscht, was wie gesagt manchmal passiert, dann hat es für mich von nun an eine neue weitere Bedeutung. Es wird mich stets an dich, lieber Thomas, erinnern:

ich werde Dich nicht vergessen.

Inge Kent, geb. Schindlmayr June 19, 2008
 
Tribute to my brother Thomas
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Mein großer Bruder Thomas war immer mein Vorbild und wird es immer bleiben.

 

Meine ganze Jugend lang habe ich mich geärgert, wenn Leute mich nur als Thomas’ sister (´dem Thomas seine Schwester’) wahrnahmen. Manchmal war ich deswegen auch keine liebe Schwester zu ihm: ich habe ihm seinen Rollstuhl weggenommen, um ihn zu ärgern; ich habe sein Korsett zugeschnürt, bis er zu röcheln anfing oder ich habe seine Kinderschokalade sichtbar so hoch irgendwo hingelegt, dass er sie gerade nicht erreichen konnte.

 

Aber im Nachhinein überwiegen doch die vielen guten Erinnerungen an unsere gemeinsamen Zeiten. Wenn ich da nur zurück denke an all die Konzerte, zu denen er mich – als Begleitperson- mitnahm, bis er mich nach und nach durch Freundinnen ersetzt hat; wenn er in Diskos mit mir tanzen ging, war er wegen seiner wilden Tanzweise bald von Horden von Mädchen umringt und verlor sich in der Menge.

 

Ich sehe ihn an seinem Schreibtisch schlafen, seinen langen Hände noch um die heiße Tischlampe oder eine Tasse Tee geschmiegt.

Einmal, als ich schon Lehrerin in Australien war, hatte ich ihn gebeten, vor meiner Klasse von Zehnjährigen über sein Leben als Behinderter zu sprechen: meine Schüler hörten ihn gebannt zu und stellten ihm viele Fragen, und ich weiß, dass dieser Tag ihr Leben verändert hat.

 

Diese Gabe, tiefen Eindruck zu hinterlassen, hatte Thomas schon immer: nicht nur durch seine wichtigen Arbeiten, sondern mehr noch durch seine offenen und intensiven Beziehungen zu anderen Menschen.

 

Am 18. Mai haben mein Mann Peter und ich in unserem Garten bei Canberra eine Gedenkfeier für Thomas gehalten: die Sonne brach strahlend durch und fast 60 Freunde und Bekannte, die ihm bewundernd zugetan waren, zeigten ihm mit Worten letzten Respekt und pflanzten ihm je eine Rose.

Ich habe an diesem Tag sehr viel über ihn dazu gelernt: seine Stärken, seine Leistungen und Erfolge und sein besonderes Verhältnis zu anderen Menschen.

Nun bin ich stolz darauf  Thomas’ sister “ zu sein.

 

 Ich möchte jetzt einige Worte auf  Englisch sagen.

 

In New York in March, Thomas and I spent hours together talking about our childhood memories, our passions, our wishes for the future and our families. One of the things that we spoke about vividly was our brother Wolfi. We agreed that we were both so proud of him for his achievements, his kindness and the love for his family.

 

Wolfi,  Tommy wanted you to know how much he loved you and how proud he is of you. He will be with you always.

 

To Julia, his precious rose: he adored you and loved you so much. You will always be his one true love and soul mate, and I know that he will guide you and protect you always from where he is.

 

To mum and dad: you raised an exceptional son and for that you should both be so proud.

 

Ich bin mir sicher, dass Thomas heute bei uns hier ist und dankbar auf die vielen Lieben herunter lächelt, die ihm „Auf Wiedersehen“ sagen.

Mein Mann würde jetzt sagen, dass Thomas in den Bildern weiterlebt.

 

Möge er so in Euren Herzen und Eurer Erinnerung weiter leben.

 

 

 

 

Folker Schindlmayr June 19, 2008
 
Lieber Tommy

Du hast Deine Wegstrecke auf dieser Welt nun zu Ende gebracht  und bist von uns gegangen. Sehr früh, für uns, die wir zurückbleiben, viel zu früh!

Aber Du hast in Deinem Leben, das Du so intensiv und zielstrebig geführt hast so vieles mehr erlebt, gedacht, erreicht und auf den Weg gebracht wie die meisten anderen in einem viel längeren Leben.

 Dir ist keine Zeit verlorengegan-gen. Du kannst stolz und zufrieden sein mit dem, was Du aus dem Leben, das Dir der Herrgott geliehen hat, gemacht hast.

Für uns, die wir Dich sehr vermissen, ist es tröstlich zu wissen, dass Du mit Deinem Wirken in aller Welt in guter Erinnerung bleibst.

         Wir sind dankbar dafür, dass es Dich gegeben hat

Noch einen Dank möchte ich loswerden:

         Es ist heute nicht mehr so selbst-verständlich, dass Kranke, Pflegebedürftige und zuletzt Sterbende zu Hause in gewohnter Umgebung im Kreis der Familie betreut  und begleitet werden; es ist oft unendlich schwer, nicht so helfen zu können wie man gerne möchte und Fassung zu bewahren, auch wenn man verzweifeln möchte. 

Allen, die mitgeholfen haben, - vor allem aber Julia und Wulf - die Ihr die letzten Monate die Hauptlast getragen habt, im Namen aller, die selbst nicht mithelfen konnten, ganz ganz herzlichen Dank dafür, dass Ihr die ganze schwere Zeit ständig für ihn da wart.

         Ihr selbst habt den Trost, dass Ihr alles, aber auch wirklich alles für Tommy getan habt, was  möglich war und dass er friedlich gehen konnte.

Danke

 JULIA wird Euch am Ende Ihrer nun folgenden Ansprache um eine Gedenk-Minute bitten. Ich darf Euch bitten, Euch dann zu erheben und gemeinsam das „Vater Unser“ zu sprechen.

 

 

 

Julia Schindlmayr June 19, 2008
 
For My Beloved Husband
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I regret that after 14 years of being with Thomas that I still cannot speak German. So, unfortunately, my speech here today will be in English.

 

One of my biggest regrets when Thomas and I married was that I didn’t give a speech on our wedding day. I had wanted to tell everyone at the reception how much I loved him and how proud I was that he chose me to be his wife. A short while before Thomas died, I told him about this regret and that I wanted to rectify it by speaking at his service. So, I am standing here before you today, just as I stood at his service in New York, to honour my promise to my Thomas.

 

Thomas always accused me of summarizing too much. He couldn’t handle it when I asked him to summarise his long-winded tales; he was always left wanting when I told him anything that lacked sufficient substance! While I could chat on endlessly about what I think was fabulous about my darling Thomas, I thought you may benefit more if I stick to tradition and keep this short and sweet. So, I want to tell you a story that I think sums him up.

 

In the last weeks of Thomas’s life, his body deteriorated dramatically, he was unusually lethargic and extremely weak. One afternoon, Thomas awoke from sleep and said to his father “I want to get up into my chair.” Wulf, a little surprised, nonetheless kindly obliged and went to fetch his wheelchair and me to help him up. I thought it curious and went to ask him if he was sure. He looked me directly in the eyes and said in all seriousness, “Yes, I need to go shopping.” I was stunned! So, I probed further: “What do you need to go shopping for, honey?” He responded, “I want to buy gifts to show my love and appreciation.”

 

And that was Thomas all over. He always wanted to show his love and appreciation to his friends and family and he did this by giving. Always giving of himself, giving his time, giving gifts, giving his shoulder to cry on, sharing his knowledge, giving his opinion (!) Thomas always wanted to help people. He loved people! And he always wanted people to feel special, loved, appreciated. Even in his last moments he was still trying to give.

 

It tears me apart to stand here in front of you today as Thomas’s widow. I don’t know if I will fully understand why he had to be taken from us so early. For now, I choose to believe that he completed what he came here to do – he enriched our lives in so many ways, he showed us how to overcome adversity with style and grace - and now he has returned home to be rewarded for a job well done. He taught us some beautiful lessons, maybe it’s time for him to step back and let us spread our wings.

 

To Edith and Wulf, Thomas loved you both for your untiring support, love and guidance throughout his life. He owed you both a great debt of gratitude for all that you taught him. Inge, Thomas loved you immensely – even in spite of the sibling rivalry! He respected your spiritual connection and drew much comfort from you during your visit to New York this year. For that, I have no doubt he is eternally grateful. Wolfi, Thomas loved you immensely also and held a very special place for you in his heart. Thank you for coming to New York to fare him well. You were extraordinarily courageous to do that. I respect you for your strength.

 

And now, please be upstanding for the Lord’s Prayer.

 

 

Julia Schindlmayr June 19, 2008
 
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My Prayer for Thomas

 

 

 

 

 

 

 

 

As you explore your new home, these are the things I wish for you:

May you find LOVE.

You gave so much to others throughout your life,

may you now be filled and surrounded by eternal love.

May you find PEACE.

You fought so much during your life, may you find the eternal peace

you so richly deserve.

May you find ACCEPTANCE and UNDERSTANDING

for all the events in your life that didn't make sense

and for all the suffering and injustices you endured.

May you find eternal HAPPINESS.

Rest in peace, my love.

Die Familie Schindlmayr June 19, 2008
 

Am 11. Juni haben wir in München Abschied genommen von

Thomas-Markus Schindlmayr, verstorben in New York am 26.4.2008

 

Wir danken Euch ganz herzlich

für Eure bewegende Anteilnahme,

Eure tröstenden Worte und Eure Blumen

zu seinem Gedenken

 

Dr. Wulf-Eike und Edith Schindlmayr

Julia Schindlmayr, Adele Altmann

Ingeborg Kent und ihre Familie

Wolfram Schindlmayr und seine Familie

 

Die Gedenkseite bleibt bestehen:

http://thomas-schindlmayr.last-memories.com


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